Bild vom Frautragen / Lungau
Ein Ilgen ist entsprossen
Und ist kommen in die Welt
Blüht so schön als wie ein Rosen
Ist von Gott selbst auserwählt.
Ohne Makel ist`s empfangen
Und von Anna ausgegangen.
Frohlockt die ganze Engelschar,
sobald sie geboren war.
„Frauenlied“ aus Rauris 1
Das „Frautragen“ ist ein Salzburger Adventbrauch, bei dem es um die Verehrung der Gottesmutter in der Hoffnung „Maria Gravida“ geht.
Richard Wolfram berichtet:
In den Tagen vor dem Weihnachtsfest wird ein Marienbild von Haus zu Haus getragen, je neun, zehn oder zwölf Familien sind daran beteiligt. Eine Frau bringt das Bild in die Stube, dort wird es auf einen schön geschmückten Tisch, oder in den Hergotttswinkel gestellt. Dann wird gebetet, die dabei angezündeten Kerzen brennen Tag und Nacht, bis das Bild wieder weiter wandert. Früher wurde danach in den Stuben der Bauernhöfe gesungen und getanzt, die Überbringer wurden mit Speis und Trank bewirtet und es ging dabei sehr lustig zu. Kein Wunder, dass die Kirche diesen Brauch zeitweise verbot. Jedes Haus schätzte sich glücklich, das Bild zu beherbergen, denn wohin es kam, brachte es Segen, Gedeihen und Fruchtbarkeit. 2
Das Frautragen beginnt am 8. Dezember zu Maria Empfängnis. Dabei wird das Bild einer hochschwangeren, göttlichen Frau in die Häuser der Menschen getragen, die es freudig erwarten und herzlich willkommen heißen. Auffallend ist, dass dieser Brauch früher hauptsächlich von jungen Frauen ausgeübt wurde, die das Frau-Bild zum nächsten Bauernhof, oder zu den Nachbarn trugen.
Die Bedeutung dieses Brauches bezieht sich auf auf den Wunsch der Menschen, Segen, Fruchtbarkeit und gute Ernteerträge von der himmlischen Frau zu erbitten. In Oberösterreich gab es ein Frautragbild, das die Samen vieler Früchte enthielt. Das weist auf die frühere Verehrung der Erdmutter, die alle Keime und Samen des neuen Wachstums, in ihrem fruchtbaren Schoß birgt.
In Dienten (Salzburg) ist der Einzug der Frautafeln am 24. Dezember gleichfalls sehr feierlich. Hier wandern vier Bilder durch die Ortschaften Schattberg, Sonnberg, Dorf- und Bergdienten. Am Heiligen Abend wird in jeder dieser Ortschaften eine Jungfrau zur Fraueintragerin bestimmt. Jede von ihnen wird von zwei kleinen Mädchen mit brennenden Kerzen begleitet, alle sind weiß gekleidet. Von einem Sammelpunkt im Dorfe, wo sich alle Frauträgerinnen treffen, geht es dann in einer Lichterprozession über den Kirchbühel zum Bergkirchlein hinauf. Dazu blasen die Musikanten vom Kirchbühel aus „Stille Nacht, Heilige Nacht“ durch das stille Tal. In der Kirche angekommen singt eine Gruppe von Männern und Frauen ähnlich wie in St. Veit, die schönsten und zum Teil selbst gedichteten Frau-und Hirtenlieder. 3
Drei Frautafeln / Pfarrkirche Dienten 26. Dezember 2018
Im Pinzgau wird erzählt, dass die Kinder am Frautag die weihnachtlichen Geschenke bekamen und auch in anderen Ländern Europas gibt es Weihnachtsbräuche, bei denen es ebenfalls um den Besuch einer weiblichen Gabenbringerin geht.
Der Brauch des Frautragens weist auf die Muttergöttin als Gabenbringerin, die einst zur Weihnachtszeit die Menschen beschenkte. Im christlichen Gewand konnte sie als schwangere Gottesmutter Maria Gravida weiterhin Verehrung erfahren. Früher nannte man sie im gesamten Alpenraum die Frau Bercht. Eine noch ältere Schicht verweist auf den Glauben an eine Urmutter als Schöpfergöttin, die den zyklischen Kreislauf der Natur, den Prozess vom Werden, Wachsen und Vergehen bewirkte.
Berchta ist im Salzburgischen eine schöne Erscheinung,
sie trägt ein himmelblaues Kleid mit einem Schellenkranz.
In den Rauhnächten hält Berchta ihren Umzug.
Es erwacht die Ahnung eines rückkehrenden Reiches
und in den Winterstürmen streut sie Segen für das nächste Jahr. 4
1 - Karl Adrian, Von Salzburger Sitt`und Brauch, 1. Strophe eines Frauenliedes aus Rauris, Österreichischer Schulbuchverlag, Wien 1924, S 25
2 - Richard Wolfram, Das "Frautragen", 3. Bericht von der Brauchtumsaufnahme Salzburg, In Mitteilungen für Salzburger Landeskunde
3 - Richard Wolfram, Das Frautragen, 3. Bericht von der Brauchtumsaufnahme Salzburg, aus Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Band 97, 1957, S 177
4 - Karl Adrian, Von Salzburger Sitt`und Brauch, 1. Strophe eines Frauenliedes aus Rauris, Österreichischer Schulbuchverlag, Wien 1924, S 514
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