Rauhnächte

Rumm, pumm, d`Trommln, de schlagn,

 d`Geister, de stampfn in Kroas!

 Weihrauch und Myrrhn straats aus,

 bitt mar an Segn ins Haus,

 gehngan de Perchtn auf d`Roas.

 

Pfeif, Wind, pfeif übers Moos, pfeif, daß de Schneewolkn fliagn!

 Auswendi blas alls aus, einwendi kehr alls aus,

 bis das sih  d`Geister verziahgn.

 Erwin Rutzinger / Salzburger Gewürzsträussl

 


 

Die Bedeutung des Namens der Rauhnächte weist auf das gotische Wort Runa und bedeutet Geheimnis. Das Raunen und Flüstern von Zauber- und Orakelsprüchen war besonders in heiligen Zeitperioden, in den Nächten und um Mitternacht gebräuchlich. Die Zukunft wurde erahnt und befragt, um das Alte abzuschließen, um Krankheiten, Not und Entbehrungen loszulassen und zum Guten zu wenden. In einem Beichtbuch des 15. Jhdt. wurde noch gefragt: „Item hast du…zauberei an heyligen tagen und nähten oder ander zeit getrieben?“

 

Gustav Guggitz bezieht den Namen Rauhnächte auf die Rauhen Gesellen, auf die in dieser Zeit umherziehenden Perchten, die bei ihrem Umzug lärmen und brüllen, was im englischen roar, auf französisch rugir und im  italienischen ruggire bedeutet.

 

Weitere Namensbezeichnungen sind die Zwölften, die Zwischennächte, die Mutternächte, oder die Hoachen Heiligen Zeiten.

 

Die Rauhnächte beginnen heute ab Weihnachten, dem 24. Dezember und dauern bis zum 6. Jänner, dem Dreikönigstag. In manchen Regionen eröffnet schon der Barbaratag, der 4. Dezember, die weihnachtliche Festzeit. Der Tag der Heiligen Lucia, der 13. Dezember, galt vor der Kalenderreform als die Zeit der Wintersonnenwende, sowie auch der Thomastag, der 21. Dezember.

 

Im Innviertel und im Salzkammergut wurde die erste Rauhnacht mit dem unheimlichen Ton eines Bocks- oder Kuhhorns angekündigt. Vier Nächte waren als besonders herausgehoben und es galt der Spruch:

 Rauhnacht san vier, zwoa foast und zwoa dürr

Thomasnacht und Christnacht galten als dürr, Silvester und Dreikönigsnacht als foast oder fett. Erst wurde gefastet, zur Jahreswende aber gefeiert und üppig gespeist.

 

Die Rauhnächte sind eine wichtige Zeitphase, in der sich die Ordnung des alten Jahres auflöst. Bevor eine neue Ordnung  sichtbar wird, steht die Welt scheinbar still. Die kosmische Göttin als Schöpferin allen Lebens, setzt das Jahresrad wieder in Bewegung und ein neuer Zyklus beginnt.

 

 

Frau Bercht in ihrer Doppelgestalt beim Berchtenumzug 2017 in Altenmarkt

 

 Kultische Umzüge bringen Fruchtbarkeit und Segen für das nächste Jahr

 

Die Berchtenumzüge wurden zu Ehren der Frau Bercht abgehalten. In Altenmarkt begenet sie uns sie in ihrer Doppelgestalt. Ihr Wesen ist ambivalent, doch beide Teile gehören zusammen. Als graues altes Weib erscheint sie im Herbst und im Winter. Sie nimmt alles abgestorbene pflanzliche, menschliche und tierische Leben mit in ihr unterirdisches Jenseitsreich. Im Frühling kommt sie wieder als weiße junge Frau, als ganzheitliche Göttin des Lebens und der Geburt.

 

Die Menschen erwarteten zu Weihnachten freudig den Umzug von Frau Berchta. Sie schmückten ihre Häuser mit grünen Zweigen oder kleinen Fichtenbäumchen als Symbol des Lebens, das auch im Winter fortbesteht.

Speisen wie Milch, Milchkoch, Semmelmilch, Krapfen oder Brote wurden auf einem schönen Tischtuch für die Frau Bercht und ihre Seelenschar bereit gestellt. Kosteten sie alle davon, brachte dies Glück und Segen für das kommende Jahr.

 

Am Abend des 6. Jänner, dem heutigen Dreikönigstag erschien Frau Berchta das letzte Mal im alten Jahr, um für die Seelen der noch ungeborenen Kinder gebärfähige Mütter zu finden. Das ist auch der tiefere Sinn des Tuns der "Hex" beim Gasteiner Perchtenlauf, die den den Frauen ihr umgehängtes Fatschenkindl zuwirft. Wer nicht schwanger werden wollte, wird dieser Berührung wohl ausgewichen sein.

 

Im Flachgau wurde sie Frau Beri oder die Bärmuada genannt. Das weist auf das Gebären von Pflanzen, Tieren und Kindern. In Tirol hiess sie Stampa, in der Steiermark war sie die Pudelmutter, die kleine Geschenke wie Äpfel und Nüsse in die Stube rollte /pudelte. Als schenkende Frau brachte sie die weihnachtlichen Gaben.

 

Die "Hex" mit dem umgehängten Fatschenkindl beim Gasteiner Perchtenlauf

 

Das Kind in der Wiege

Die Geburt des neuen Lichtes zur Mittwinterzeit wurde mit der Geburt eines Kindes gleichgesetzt. Die junge Sonne galt als ein neugeborenes Kind, Sagen und Märchen vom Kind in einer goldenen Wiege berichten davon.

 

Über der Mittwinterzeit liegt die Erstarrung der Natur

und das geheimnisvolle Dunkel der längsten Nächte.

 Gleichzeitig aber auch das Wissen,

 daß die große Umkehr erreicht ist,

 der Wiederaufstieg des Lichtes

und die Geburt neuen Lebens.

Richard Wolfram

 

Bilder vom Pongauer Perchtenlauf in St. Johann, Brunhild Griesner 2017

Bild von der "Hex" beim Gasteiner Perchtenlauf: Richard Wolfram, Mittwinterbrauchtum, in: Eckartschriften Heft 107, S 52

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anna Wieser (Montag, 28 Oktober 2019 15:23)

    Liebe Brunhild, ich gratulierte dir ganz herzlich zu deiner tollen Homepage. So vielfältig, ausgesprochen formschön und so fein formuliert ist es wirklich faszinierend und lässt erahnen, wie umfangreich dein Wissen ist und wie lange du schon recherchierst und arbeitest. Ich habe heuer einen Musiker aus Klosterneuburg kennen gelernt, er hat mir auch diese Sage erzählt. Ich wuensche dir von Herzen viel Freude und gutes Gelingen, was immer du auch anpackst. Wer weiss, vielleicht entsteht auch noch etwas Gemeinsames
    Glg Anna