Mattsee - Muttersee

 

 

Das Wasser des Mattsee`s hat heilsame Stoffe

 

und wird als Seebad mit Vortheil bei Brust-und Nervenkrankheiten,

 

bei rheumatischen, gichtischen und katarrhalischen Zuständen,

 

einigen Hautkrankheiten und Störungen der Ernährung,

 

besonders in Verbindung mit Moorbädern angewendet

 

Heinrich Wallmann 1

 

Seengebiete waren häufig Ausgangspunkte frühester menschlicher Niederlassungen, das bezeugen vor allem die Funde von Pfahlbaudörfern. Die Ortschronik von Mattsee berichtet, dass die ältesten Spuren menschlichen Lebens bis in die mittlere Steinzeit, in das 8. und 7. Jahrtausend vor Christus zurück reichen. In der jüngeren Steinzeit soll es am Schlossberg bereits eine Siedlung gegeben haben.

 

Für die jungsteinzeitlichen Siedler die noch eine holistisch, ganzheitliche Wahrnehmung hatten, war der Ur-Mattsee eine Wassermutter deren Körperformen sie besonders gut von den umliegenden Bergen aus sehen konnten.

 

 

Die ältesten Namen von Muttergöttinnen beginnen mit der Wortsilbe Ma oder Mut. Der Name der Landschaftsgöttin rund um den Mattsee war ebenfalls Ma, Mat, Mata, Muatta, der nach ihr benannte See hieß Mat - See der heutige Mattsee, seine Umgebung hieß Matergowe, der Gau der Muttergöttin.

 

Die ältesten Namensbezeichnungen des Sees lauten Mataseo, Mattasee, Matheseo, in einer ganz alten Urkunde wurde der Ort beim See Matze genannt. Als Mat-is durchfließt der Fluß die Mattig von ihrem Ursprung bei Bergheim, das Gebiet bis zum Mattsee, dem früheren Ur Mata, dem Ur Mutter See. Das Lebenswasser der Seemutter fließt aus ihrem fruchtbaren Schoß in Richtung Astätt weiter.

 

Die Wasserfrau wurde in der Volkskunst auf  Lebkuchenmodel als Nixe und Fischfrau dargestellt. Aus ihrem fruchtbaren Schoß sprießt neues Leben und pflanzliches Wachstum hervor. Im Sommer zu Johannis erhielt sie als Opfer ein Brot. Die Menschen aßen zu den Festzeiten Gebildbrote, die Segen spendenden Lebkuchen mit ihrer Abbildung.

 

 

Die Wasserfrau und der heilige Christopherus

 

 Heiliger Christopherus / Stiftskirche Mattsee

 

Bilder vom Heiligen Christopherus finden wir häufig an Kirchen Außen- und Innenwänden. Zwischen den Beinen des Heiligen tummeln sich Fische und mythische Wasserwesen. Schauen wir genauer hin, bemerken wir meist auch eine Nixe, die im Verhältnis zur riesenhaften Gestalt dieses Heiligen stark verkleinert wirkt. Interessant ist, dass diese Bilder vor allem in Seengebieten oder Orten mit Flussläufen zu sehen sind. (In Mattsee leider nicht mehr).

 

Das kleine Nixchen war die einst mächtige Schutzgöttin der Gewässer, die Segen spendende Wasserfrau. Von ihr erbaten die Menschen Fruchtbarkeit und Kindersegen.

 

Wassernixe in Mauterndorf / Lungau

 

Ihr ambivalentes Wesen ist wie das Wasser selbst, das neues Wachstum und Leben, aber auch Tod und Verderben bringen kann. Nach altem Glauben trug die Nixe die Seelen der Verstorbenen in ihr unterirdisches Reich. Diese Aufgabe übernahm im Zuge der Christianisierung der Heilige Christopherus, der von Sterbenden angerufen wird, um sie durch die gefährlichen Gewässer in die Jenseitswelt zu geleiten.

 

Diese jenseitige Welt stellten sich die Menschen im Gebirge, auf hohen, mit Schnee bedeckten Gipfeln vor. Dort wanderten die Verstorbenen hinauf, um die Kalte Pein zu erleiden. Am Meer wurde sie jenseits des Horizontes auf einer Insel im Westen und in den Seengebieten am Grunde eines Sees lokalisiert. Darauf weisen auch die Sagen von einer versunkenen Stadt in Mattsee.

 

An der Stelle des heutigen Mattsees befand sich einst eine große, schöne Stadt. Sie versank im See, der emporquoll, nur die beiden äußersten Enden sind stehengeblieben. Darum heißt das obere Ende Obertrum, das untere Niedertrum. Bei niedrigem Wasser sieht man bei der Ortschaft Stein eine Stiege auf einem großen Stein. In der Nähe von Gebertsham sollen zur Zeit einer großen Hungersnot mitleidige Frauen dieser Stadt den Armen gekocht haben. 2

 

Zwischen Mattsee und Niedertrum, im eigentlichen Mattsee, ist eine Stelle, auf welcher die Fischer bei  heiterem Wetter und niederem Wasserstande eine versunkene Stadt erblicken. Deutlich, sagen sie, sieht man Thürme und Gassen und Häuser. Daß sie aus der Heidenzeit stamme, sei gewiß; über Namen, Bewohner und Schicksale vermöge jedoch niemand näheres anzugeben. 3

 

 Das Frauenbründl in Zellhof

 

 

Auf der Deckenmalerei der kleinen Kirche von Zellhof, breitet die Gottesmutter Maria schützend ihre Hände über den Mattsee und über seine Bevölkerung aus, die von ihr Hilfe und Heilung erbittet.

 

Das Frauenbründl in Zellhof sollen schon prähistorische Siedler als Brunnen genützt haben. Nach Zellhof pilgerten nicht nur die christlichen Wallfahrer, auch früheren Kulturen galt dieser Ort schon als Heilig. Im Zuge der Christianisierung wurde hier die erste kirchliche Zelle, direkt im Schoß der Wassermutter errichtet. Die kleine Kirche ist heute dem Heiligen Georg geweiht, der die Göttin in Gestalt der uralten Wasser Drachenfrau bekämpft und erfolgreich verdrängt hat.

 

 

Pfarrer Franz Jantsch berichtet von Zellhof: Dort ist eine alte Georgskapelle, die früher auch Königskapelle genannt wurde. In der Nähe lag ein Gesundbründl. Es kamen so viele in das sogenannte Zellbuchet, also in den Buchenwald von Zellhof, daß die Pfarrkirche leer blieb. 4

 

Georg ist ein Frühlingsheiliger von dem es hieß, wenn der Jörgl einkehrt, regiert der holde Mai, denn er befreit die Sonne aus den Banden des Winters. Die Jöring Astl waren blühende Zweige der Tollkirsche, die als Schutz - und Segenszeichen an die Türen und Fenster gehängt wurden.

 

 

Die weiße Frau heiratet ihren Vegetationsheros

Bild in der Kirche von Zellhof

 

Das alljährliche Fest des Maibaumaufstellens, das heute in Mattsee am See gefeiert wird, weist auf die heilige Hochzeit der Göttin mit ihrem Vegetationspartner. Er war einst der Riese, dem im Zuge der Christianisierung der heilige Christopherus folgte. Der grünende Baum, den er kraftvoll in seinen Händen hält, ist der Maibaum, der auf seine männliche Zeugungskraft hinweist. Der Liebesort für dieses Ritual befand sich in Zellhof, wo nach matriarchaler Tradition der Frühlingsbeginn und die Wende des Sommers gefeiert wurden.

 

Wartstein in Mattsee

 

Die alte steinerne Drachin ist ebenfalls noch in der Landschaft von Mattsee gegenwärtig. Wie ein steinerner Wächter der Wartstein genannt, liegt sie inmitten der drei Seen, als wäre sie geheimnisvoll aus ihrer Wasserunterwelt aufgetaucht.

 

Nora Watteck berichtet von einer Kapelle auf dem Wartenstein, die früher eine Einsiedlerklause war. Dass sie später der heiligen Anna geweiht wurde passt zu dem einstigen Ritual der Frauen, eine Ahnenseele aus dem Wasser zu empfangen, das an vielen Annaorten in ganz Europa ausgeführt wurde.

 

 

1 Wallmann Heinrich, Mattsee und seine Umgebung, im Selbstverlag des Verfassers, Wien 1871

2 Petzoldt Leander, Eugen Diederichs Verlag, München 1993, S 67

3 Kriechbaum Wilhelm, Volkssagen aus dem oberen Inniertel, Oberösterreichischer Landesverlag Ried 1979, S 56

4 Jantsch Franz, Kultplätze im Land Oberösterreich und Salzburg, Band II, Verlag Freya, Unterweitersdorf 1994, S 205

 

Bilder

Alte Karte vom Mattsee - Holzinger / Lahnsteiner, Das Drei-Seen-Gebiet von Salzburg, Mattsee, Obertrum, Seeham, Zaunrith`sche Buchdruckerei Salzburg 1936, S 50

Fischfrau mit Krone: Alles gemodelt, Hutter Ernestine, Salzburger Museum Carolino Augusteum   

    

 

 

 

 

 

 

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