
Früher herrschte der Glaube, daß die Seelen der Verstorbenen mit den Winterstürmen über das Land ziehen und dabei den Menschen Gutes und Böses zufügen. Die Menschen waren daher bestrebt, die bösen Geister von sich fernzuhalten, mit den guten Geistern wollten sie aber ein ersprießliches Einvernehmen pflegen. Die Perchten verkörpern nun die Seelen Verstorbener, die guten und die schlechten.1
Die Zeit der Wilden Jagd beginnt mit den Herbst- und Winterstürmen, währt durch die Heiligen Weihnachtsnächte und klingt im Fasching aus. Sie wurde vom Volk je nach Gegend als Wildes Gjoad, Wild Gfahr, Wilde Fohre...bezeichnet.
Es gab früher genaue Regeln wie man sich zu verhalten hatte, wenn man dem wilden Zug begegnete, z.B. sich auf den Boden werfen und die Arme überkreuzen, denn ab Kniehöhe war es gefährlich, mitgerissen zu werden.
Die Anführerin der Wilden Jagd ist Frau Perchta, ihr gebührt die Hauptrolle im kultischen Zug, der von ihrem Berg herunter kommt, tobend und lärmend durch das Dorf zieht und dann wieder in ihr Jenseitsreich zurück kehrt. Je wilder über die Felder getobt wird, um so besser gedeiht das Wachstum des kommenden Jahres.

Frau Perchta als Kinderschenkerin in Abtenau
Bild Facebook / Abtenauer Perchten
In Lessach hörte ein Bursche erzählen, daß alljährlich in der Dreikönigsnacht die Perchtl durch das Tal ziehe. Er wollte dies nicht glauben. Doch da er neugierig war und sich überzeugen wollte, ob dies wirklich der Fall sei, so begab er sich in dieser Nacht zur Schusterbrücke und verbarg sich unter derselben. Dort wartete er auf die Ankunft der Perchten, denn so dachte er sich, wenn sie des Weges kommen, so müssen sie auch die Brücke passieren und da könnte er sie dann aus nächster Nähe sehen. Und wirklich, er brauchte gar nicht lange zu warten, da kamen unter lautem Gejohle und Geschrei die Perchten dahergezogen. Allen voraus zog die alte Percht, ein häßliches Weib mit runzeligem Gesicht und wild zerzaustem Haar. Sie war die Groß- und Urgroßmutter aller Perchteln und Perchten und ihr folgte die ganze Sippschaft große und kleine Perchteln nach. 2
Die dunklen Winternächte galten als Nächte der Mütter, die in der Steiermark Göbnächte genannt wurden. Göb bedeutet Kind und meint damit die Gaben bringende Göttin, die bei ihrem Umzug durch die Dörfer Kinderseelen mit sich führt, für die sie Frauen sucht, die sich ein Kind wünschen.
Im Zug der wilden Jagd sind schöne Masken, die kunstvoll mit rautenförmigen Aufsätzen voll Blumen- und Goldschmuck besetzt sind, aber auch geheimnisvolle Wesen der Anderswelt, denen die Maskenläufer der Menschen einen Körper geben. Tierahnen wie Schwein, Bär, Rabe, Hirsch und Wolf, Naturgeister der Bäume und des Waldes, Moos- und Moorgeister verursachen meist eine Gänsehaut. Ob sie uns sanft, ganz wie zufällig berühren und segnen, oder mit einem festen Schlag bestrafen, mitunter auch das Haxl stellen, kann bedeutungsvoll sein.

Nikolausspiel in Öblarn
Die Menschen opfern dem Zug der Ahnen auch heute noch Getränke und Speisen, sonst könnten sie sich diese mit Gewalt nehmen. Sie strafen und sühnen so manches Vergehen, denn sie haben Kunde von dem, was das ganze Jahr über auf der Welt vorgefallen ist. Deshalb gilt das Erscheinen der Wilden Jagd als Entsühnungs- und Reinigungszeremonie, die wildes Toben und auch kraftvolles Segnen beinhaltet.
Auf ihrer Rückkehr in den Berg, nimmt Frau Perchta alle in diesem Jahr gestorbenen Menschen-Tier- und Pflanzenseelen mit und schließt nach den Festtagen die Tore zur Anderswelt wieder zu.
1 - Zinnburg Karl, Salzburger Volksbräuche, Verlag der Salzburger Druckerei 1977, S 366
2- Dengg Michael, Lungauer Volkssagen, Selbstverlag des Verfassers, Mauterndorf , S 74
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