Schwarze Madonna

Schwarze Madonna von Montserrat in Spanien

 

Fünf  Minuten, die kontemplativ vor ihr verbracht werden,

 reichen aus, um davon überzeugt zu sein,

 daß man sich nicht vor irgendeiner antiken Puppe befindet,

 sondern in der Präsenz einer großen Macht:

 dem Mana der uralten Göttin  

 von Leben, Tod und Wiedergeburt.

 Ean Begg 1

 

Schwarze Madonnen üben eine große Fasziantion auf mich aus. Sie sind auf der ganzen Welt verbreitet, ihre Vorgängerinnen waren Erdmütter, Waldfrauen, Göttinnen der Unterwelt und der Höhlen. Schwarze Madonnen gelten als mütterliche Trösterinnen der Menschen. Sie befinden sich meist an ganz besonderen Plätzen in der Landschaft und haben oft auch einen Bezug zu Quellen und Bäumen.

 

Vor ein paar Tagen habe ich die schwarze Muttergottes in Pöham im Fritztal, im Pongau, aufgesucht. Diesmal wollte ich ihr nicht meine Sorgen anvertrauen, ich wollte mich bedanken, dass meine Familie die schwierige Zeit der Corona Krise mit ihren Veränderungen und Umwandlungen bis jetzt so gut bewältigt hat.

Die "schiache Muttergottes" von Pöham

Wer die kleine Kirche in Pöham betritt, spürt gleich die ruhige, heimelige Atmosphäre, die Strahlen der Sonne werfen ein warmes Licht durch die bunten Glasfenster in den Gebetsraum. Die schwarze Madonna zieht uns an, sie ist der Mittelpunkt dieser Landkirche. Jedes Mal wenn ich sie sehe denke ich - Wow, die hat Power! In ihrer kräftigen linken Hand trägt sie ein Kind, mit ihrer Rechten schwingt sie ein goldenes Zepter.

Nach einer Legende befand sich die „schiache“ Muttergottes mit den hässlichen Gesichtszügen, der schwarzen Gesichtsfarbe und den künstlichen Haaren früher auf einem Baum. Dieser brannte ab, doch die Statue blieb unversehrt. Durch den Rauch soll sie so schwarz geworden sein.

Hinter der Legende dieser Marienstatue verbirgt sich die Naturverehrung jungsteinzeitlicher Kulturen, die in Bäumen, Quellen und Steinen weibliche Ausdrucksformen einer lokalen Göttin sahen. Schwarze Madonnen sind die christlichen Nachfolgerinnen der Göttin des Lebens, des Todes und der Wiedergeburt. Sie repräsentieren den dunklen Aspekt der Erde und der Höhlen, die als Bauch und als Gebärmutter der Erdgöttin galten. Ihre Kleider werden im kirchlichen Jahresrhythmus mehrmals gewechselt, sie zeigen meist prächtige Pflanzenmotive. Das weiße Kleid weist auf die fruchtbarkeitsfördernde, Leben spendende Funktion der einstigen Muttergöttin.

In der Umbebung von Pöham gibt es viele Legenden, die sich auf die Christianisierung ehemaliger Muttergöttinnen und vor allem auch Baumgöttinnen beziehen. In Radstatt gibt es eine schwarze Muttergottes Maria Loretto bei den Lärchen, in Altenmarkt wurde Unsere Liebe Frau in der Astgabel einer Tanne gefunden. Das Filzmoser Kindl läutete mit einem Glöckchen auf einem abgeschnittenen Baumstamm, um sich bei den Hirten der Umgebung bemerkbar zu machen.

Unsere Liebe Frau von der Tanne / Altenmarkt

Die schwarzen Madonnen wurden vom Volk als Heilerinnen für körperliche Gebrechen, bei Blindheit, Lähmungen, bei Unfruchtbarkeit und in Zeiten von Epedemien angerufen. Zu einem rituell bedeutsamen Kultgegenstand wurden die Statuen, weil sie aus dem robusten Holz der Eiche, des Birnbaumes, aus Wacholder, Linde, Zeder oder Walnuss geschnitzt sind. 

Die Botschaft der schwarzen Madonna offenbart sich uns, wenn wir tiefer hineinspüren und ihre ältesten Darstellungen genauer betrachten. Sitzend, mit einem Kind auf dem Schoß, ist ihr Blick voll unendlicher Liebe. Sie gebiert männliches und weibliches Leben, das sie mit ihren starken Händen schützend umfängt. Wenn wir uns vorstellen, dass wir selbst, egal ob Mann oder Frau dieses Kind sind, können wir uns vertrauensvoll zurücklehnen und ihre mütterliche Güte und Geborgenheit spüren.

Gottesmutter in der Krypta Stift Schlägl

Ean Begg: Sie ist auch die alte Weisheit von Isis-Maat, das Geheimnis des ewigen Lebens, welches gleichzeitig das Gold am Ende des alchimistischen Prozesses und auch die anfängliche Schwärze ist. Sie ist, um es zusammenzufassen, der Geist des evolutionären Bewußtseins, das in der Materie verborgen liegt. Doch die Evolution weist den geschlossenen Kreis zugunsten der offenen Spirale zurück: Neue Planeten gelangen in unseren Gesichtskreis, und die Dinge bleiben nicht, wie sie schon immer gewesen sind....

Ean Begg, Die unheilige Jungfrau, Edition Tramontane Bad Münstereifel und Trilla, 1989