Ana Ahnfrau Ahnin

Weibliche Urbilder werden lebendig

 

Als Urmutter der Menschen,

als Trägerin der Fruchtbarkeitskraft

steht diese Muttergöttin am Anfang jeder Religion

 

Die Wortsilbe Ana bedeutet Mutter, kosmische Mutter, Weltenmutter, Erdmutter, Bergmutter, oder Wassermutter. Viele Namen von Göttinnen lauten Ana, Anahita, Dana, Danae, Inanna, Morana, Jana, Diana, sie benennen die Urmutter als die Gute, die Gebärende, die Nährende, die Liebende, die frei im Wald umher schweifende, die weibliche Kraft des Universums.  

 

Ein Bild aus der Kirche in Mariapfarr im Lungau, zeigt die christliche Heilige Ana als liegende Frau. An ihrer Brust und an ihrem Herzen nährt sie den Stammbaum aller Geschlechter, der aus ihrem Schoß emporwächst. Sie ist eins mit der Erde, ihr Kopf ruht auf einem Berg und so erinnert sie an eine Landschaftsgöttin vorchristlicher Kulturen, die als Ahnfrau aller Lebewesen verehrt wurde.

 

Die Weitergabe des Lebens in der Mutterlinie, weist auf das matriarchale Weltbild unserer Ahninnen und Ahnen. Zu Ana der Ahnfrau, in der Mundart wird das A lang ausgedehnt gesprochen, der Ahndl, der Großen Mutter, kehrt alles Leben mit dem Tod auch wieder zurück. Als Sterbepatronin hilft Mutter Ana uns Menschen mit Ängsten umzugehen, sie wird um eine gute Sterbestunde und um Schutz beim Übergang in die jenseitige Welt angerufen. Eine alte Nachbarin tröstete mich einmal, als eine schwerkranke Frau unseres Ortes im Sterben lag. Sie sagte „Die Mutter Anna wartet eh schon drüben auf sie!“ 

 

Die Umwandlung von der Naturmutter zur christlichen Gottesmutter vollzog sich über lange Zeit Perioden und beinhaltete die Abkehr vom Matriarchat, durch die Hinwendung zum Patriarchat. Die Weitergabe weiblichen Wissens wurde unterdrückt und abgewertet, sie verschob sich hin zu mächtigen, männlichen Göttern.

 

 Die Heilige Anna mit ihrem Enkelkind Jesus

Pfarrkirche St.Margarethen im Lungau

 

Mutterbäume

Das Patronat der christlichen Heiligen Anna, deren Verehrungstag im Sommer, am 26. Juli gefeiert wird, umfasst sämtliche Lebensbereiche. Vor allem Frauen rufen sie um Kindersegen und um eine glückliche Geburt an. In der Legende von der Empfängnis der Heiligen Anna zeigt sich der frühere Glaube an die Leben- und Fruchtbarkeit spendenden Mutterbäume. Nach einer rumänischen Erzählung soll die Heilige Anna vom Blatt eines Birnbaumes schwanger geworden sein. Das weist auf Baumfrüchte und Blätter, deren Genuss bei Frauen zur Empfängnis eines Kindes führte, dazu gehörten vor allem der Granatapfel, der Apfel und die Birne.

 

 Anna Selbdritt Darstellung

Schlosskapelle von Mauterndorf

 

Mutterberge

Ana Purna, die Mutter der Fülle, Anaberg, Ankogel, Samaluana, Trisana, Tanna, wir entdecken sie heute wieder, die weiblichen Ana Berge.

 

Castelane in der Verdun Schlucht / Frankreich

Heiliges Steinhaus der Ana

 

Warum die Ana Berge häufig mit der Kinderherkunft in Verbindung stehen, erkannte ich in St. Anna de Vinadio, einem beliebten Wallfahrtsort im Piemont, nahe der französisch italienischen Grenze. Am Hauptverehrungstag der Heiligen kommen vor allem viele Familien mit der Bitte um Nachwuchs, hierher.

 Blick auf St. Anna de Vinadio

 

Die Gründungslegende berichtet von einem Felsen in der Nähe des heutigen Klosters, bei dem die Heilige Anna einer Hirtin erschien, der sie auftrug, eine Kirche zu bauen. Das weist auf einen älteren Steinkult, wo Frauen als Hirtinnen von Schaf- und Ziegenherden, ihre Muttergöttin in einem Stein verehrten und von ihr eine Kinderseele empfingen. 

 

Heute hängen am Eisengitter vor dem Altar der Kirche unzählige rosa und blaue Votivschleifen als Dank für erfüllte Kinderwünsche. Dies ist ein deutliches  Zeichen der Fortführung älterer Traditionen, die hier von der katholischen Kirche behutsam weitergeführt wurden.

 

 

Eisengitter vor dem Altar der Kirche mit vielen Votivschleifen,

die der Heiligen Anna als Dank für erfüllte Kinderwünsche dargebracht werden

 

Auch in Österreich gibt es viele Wallfahrtsorte die der Mutter Anna geweiht sind. Bei unerfülltem Kinderwunsch pilgerten die Frauen und Männer von Fusch im Pinzgau bis nach Heiligenblut in Kärnten. Ein weiterer Pilgerweg führte von Heiligenblut nach Matrei zu einem Anna Heiligtum, wohin am 26. Juli eine Wallfahrt unternommen wurde, um gutes Wachstum für Früchte und Getreide zu erbeten.

 

Wir finden die Spuren von Ana der Urmutter unserer Ahninnen in Mythen und Sagen, in Kirchen und Museen und vor allem in der Landschaft selbst. 

 

Im Bergbau Museum von Leogang gibt es sehr wertvolle künstlerische Darstellungen der Anna Selbdritt die zeigen, wie sehr die christliche Mutter Anna den alten Muttergöttinnen gleicht, deren Nachfolge sie übernommen hat. Ich finde sie sehr inspirierend, weil sie das Bild einer weisen alten Großmutter zeigen, die kraftvoll und auch kritisch das heranwachsende junge Leben fördert und begleitet.

 

Anna Selbdritt

Bergbaumuseum Leogang

 

 

 

 

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